Die heurige schriftliche Reifeprüfung aus Deutsch stand ganz im Zeichen des analog-digitalen Zeitalters. Beide Maturaklassen haben sich mit Ihren fortschrittlichen (nicht notwendigerweise jungen ;-)) Professorinnen Prof. Innerwinkler und Mohorko entschieden, die Klausurarbeit mit dem PC zu schreiben.
Ist doch heutzutage ganz normal, schreibt doch (fast) ein jede/r längere Texte mit Computerunterstützung, oder? Ziemlich ins Schwitzen kamen weniger die MaturantInnen als vielmehr die Systemadministration, da die entsprechenden infrastrukturellen Vorkehrungen und Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden mussten: Kein Internetzugang, keine Rechtsschreib- und Grammatikprüfung und die Möglichkeit des Ausdruckens der Elaborate. In zwei Computersälen zu je 22 Arbeitsplätzen verging der Vormittag im Nu, die im Kopf enstandenen Texte wurden über die Tastaturen digitalisiert und über den Drucker wieder analogisiert.
„In einer Zeit, in der sich sowohl der Beschreibstoff, der Griffel und die Tinte entmaterialisiert haben – weil Schreiben heute Schreiben am Computer bedeutet, jedenfalls soweit es sich um Schreibvorgänge im öffentlichen Leben, in Produktion, Verwaltung und Dienstleistung handelt, in einer Zeit, in der die meisten Schriftstücke, Formulare etc. digitalisiert sind, Buchmanuskripte ebenso wie Zeitungsartikel oder Gesetzestexte – hat Schreiben mit der Hand seinen Ort nur noch im privaten oder künstlerischen Raum. Die Schule hat sich noch nicht darauf eingestellt, obwohl es in der Deutschdidaktik eine Reihe von Publikationen gibt, die sich in den letzten Jahren verstärkt mit der Veränderung des Schreibprozesses durch die digitalen Medien auseinandergesetzt haben. […]
Ein wesentlicher Vorzug von Schreibprozessen im digitalen Medium ist die Verbesserung der Bedingungen für Überarbeitungs- und Korrekturprozesse (Schreibkonferenzen u. Ä.). Hier soll nur auf einen wichtigen Aspekt der Korrektur verwiesen werden: den orthographischen. Liegt ein Text digitalisiert vor, dann kann der Schreiber bei der orthographischen Korrektur von auf Korrektur spezialisierter Software – z. T. in Textverarbeitungssoftware enthalten, z. T. separat einbindbar – unterstützt werden: ABC-Prüfung von Word, OpenOffice oder DudenKorrektor 3.51 u.a. Darüber hinaus lassen sich digitale Rechtschreibwörterbücher mit einbinden, natürlich auch Fremd-, Etymologie- und Synonymwörterbücher (z. B. die OfficeBibliothek des Dudenverlags.)
[Quelle: Integration statt Sahnehäubchen, Die technologische Basis der Kulturtechniken hat sich verändert, Dr. Elin-Birgit Berndt, Tagungsband zur INFOS 2009, Berlin.]
Für die Zentralmatura ab 2014 werden hinsichtlich der erlaubten Hilfsmittel Überlegungen angestellt werden müssen, die automatisierte Rechtschreib- und Grammatikprüfung inkludiert. Insgesamt von Interesse ist, wie sich die Kulturtechnik des Texterfassens in Schulen vom Analogen zum Digitalen entwickeln wird. Und inwieweit wir es zulassen, die Handschrift zu verlernen …
Wenn man so manche Klaue enträtseln muss, dann ist lapidar festzustellen: Einige haben diese auch schon vor zig Jahren nie richtig gelernt … (Anm. des Verfassers P.M.)